[Rezension] Anthony Horowitz – Ein perfider Plan

 

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Eigentlich kennen wir Horowitz von seinen Sherlock-Romanen, die gekonnt in Arthur Conan Doyles Fußstapfen treten können sowie von seine Jugendbuchreihe rund um Alex Rider. Doch mit „ein perfider Plan“ ruft er nicht nur seinen neuen Ermittler Daniel Hawthorne ins Leben, sondern erzählt einen herrlich spannenden Krimi auf eine ganz neue Art. Warum? Weil Horowitz selbst der Erzähler des Buches ist, dessen Rahmenhandlung die Entstehung des Buches ist, in dem er gemeinsam mit Hawthorne einen Mord löst. DAS ist mal innovativ und gibt einen ganz anderes Lesegefühl. Dass Horowitz schreiben kann, das ist schon durch seine früheren Werke klar, doch eine Innovation zwischen all den Krimis zu finden, ist oft eine Seltenheit. Natürlich ist es nicht der Anspruch eines Krimis anders zu sein, aber wenn sich dann doch die Story, der Aufbau und die Mördersuche mal abheben, dann ist das ein wunderbarer Pluspunkt.

..und der macht hier den entscheidenden Unterschied. Denn die Aufklärung des Todes von Diana Cowper, die ihre eigene Beerdigung am Tag ihrer Ermordung geplant hat, ist spannend, jedoch auch nicht spektakulär. Ein solider Krimi, in dem Hawthorne und unser Schriftsteller das Leben der gut betuchten Witwe durchleuchten aber mehr durch sich selbst und ihre desolate Beziehung zueinander glänzen. Denn: Hawthorne, der neue Ermittler und ehemalige Polizist, ist schwierig – eben ein Protagonist wie ihn die Krimifans lieben. Er liebt mehr die Alleingänge, hat durch seine Spekulationen einen leichten Sherlocktouch und stellt das perfekte Gegenteil zu Horowitz da, der sowohl bei den Verhandlungen zum Buch als auch in seinen eigenen Überlegungen und Handlungen eher naiv und blauäugig erscheint. Trotzdem funktionieren die beiden sehr gut im Duo, alleine wahrscheinlich eher schwierig. Daher ist aber auch die Erzählweise so gut gewählt: Hawthorne wäre alleine zu unbeliebt, der Fall alleine zu langweilig ~ durch das Einklinken unseres Schriftstellers erscheint die Geschichte und auch der Ermittler in einem ganz anderen Glanz und das Lesen macht wahnsinnigen Spaß, auch wenn die eigentliche Kriminalgeschichte fast nur die Hälfte des Buches einnimmt.

Was nach viel Kritik klingt, soll eigentlich keine sein. Das Buch liest sich schnell, macht unglaublich Spaß und ist wirklich ein wunderbarer Lichtblick in den Krimineuerscheinungen. Einzig und allein der Hinblick auf eine mögliche Reihe lässt sich fragen, wie das Erzählkonstrukt weitergeführt werden soll und ob dies mit einem zweiten Buch noch die gleiche Euphorie und den gleichen Spaß auslösen würde. Für einen Horowitz-Fan jedenfalls ein großes Muss, für neue Leser und Krimifans definitiv spannende Unterhaltung.

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[Monthly Overview] Februar 2019

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  1. Michael Buchinger – Lange Beine, kurze Lügen. 3/5 Sterne.
    Den Hype verstehen war wohl mein großer Ansporn, leider erfolglos. Es ist ein schmaler Grat zwischen Humor und Ego. Dahingehend leider nicht so rund wie ich mir gerade leichte, humorvolle Lektüre vorstelle.
  2. Catherine Doyle – Sturmwächter.  4/5 Sterne.
    Ein wunderbar schönes, kleines Buch, das nicht zwangsweise für junge Leser ist. Endlich mal keine starken, rebellischen Protagonisten, sondern ein kleiner elfjähriger Junge, der mit dem Geheimnis seiner Familie wächst.
  3. Simon Strauss – Sieben Nächte. 1/5 Sterne.
    Erstaunlich wie lang sich ein 144-seitiges Buch ziehen kann. Wäre gerne der popliterarische Faust, ist leider vor allem viel Nichts mit wenig Zeichen.

  4. Fatima Farheen Mirza – Worauf wir hoffen. 4/5 Sterne.
    Wirklich, ein direkter Treffer in mein Herz. Herzerwärmend, stark, gefühlvoll. Herzensempfehlung!

  5. Maria Anna Schwarzberg – We are proud to be Sensibelchen.
    Direkt aus den Leben erzählt, schnörkellos. Und bei der Autorenvielfalt die Garantie, dass man sich ein bisschen selbst darin wiederfindet und nicht mehr so alleine damit fühlt.
  6. Michael Ende – Momo 5/5 Sterne.
    Ein Klassiker, der immer noch unter die Haut geht.

[Rezension] Mhairi McFarlane – Sowas kann auch nur mir passieren

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Wer kennt es nicht? Unausgesprochenes? Taten, die wir bereuen? Dinge, die wir nicht gesagt haben? Wie würden manche Beziehungen aussehen, wenn wir noch einmal entscheiden dürften, ob wir sprechen oder nicht? Wie viele Freundschaften wären nicht zerbrochen und Beziehungen anders verlaufen?

Georgina fragt sich dies auch, denn sie hat während ihrer Abschlussfeier etwas erlebt, dass sie noch niemandem erzählt und auch selbst kaum verarbeitet hat. Nach dieser Party ist ihre Jugendliebe beendet und ihre Wege trennen sich. Bis eines Tages Georgina ihren Kellerjob verliert und zusätzlich auch noch ihren Freund inflagranti im Bett mit seiner Assistentin findet. Zeit ihr Leben umzukrempeln, angefangen bei einem neuen Job. Das Kellnern im neuen Pub erscheint ihr fast zu perfekt: Der Chef ist nett, die Leute auszuhalten und sie wird gut bezahlt – doch wo ist der Haken? Den findet sie schneller als ihr lieb ist: Ihr zweiter Chef ist ihre ehemalige Jugendliebe und er wirkt nicht so, als würde er sie überhaupt wiedererkennen.

Was klingt wie eine profane Liebesgeschichte, die es so oder so schon mal gab, der liegt vielleicht nicht unbedingt weit daneben, doch einen Unterschied gibt es ganz gewiss: Mhairi McFarlane. Sie und ihr Schreibstil, sowie ihre Art und Weise Charaktere und Geschichte zu formen und kreieren lässt aus dieser Geschichte etwas ganz Besonderes werden. McFarlanes Bücher überzeugen vor allem auf Grund der Charaktere, denn im Beispiel von Sowas kann auch nur mir passieren ist Georgina einfach furchtbar normal. Sie ist nicht überstilisiert, sondern einfach das Mädchen von Nebenan. Und das macht die Bücher so gut, denn die Geschichten könnten mir, dir oder der Nachbarin passiert sein. Eine lebensnahe Geschichte mit einem bisschen Romanglitzer, aber keinesfalls zu viel.

Daher wie immer ein guter McFarlane, der einen das Buch mit einem leisen Seufzer schließen lässt. Und mag das Ende noch so kitschig sein, am Ende möchte man dringend noch ein paar Seiten zu lesen haben.

[Rezension] Melissa Albert – Hazel Wood

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Wir alle kennen sie, lieben sie und können noch nach vielen Jahren die Geschichten erzählen: Märchen. Jeder kennt noch das Ende von Dornröschen, weiß wer von wessen Teller gegessen hat und dass man niemals allein seine Oma im Wald besuchen sollte. Doch was wenn Märchen auf einmal war werden? Und diese gar nicht so schön sind wie wir sie kennen? Sondern die bösen, nicht malerischen Märchen auf einmal in die reale Welt spazieren?

Das erlebt Alice, die Hauptfigur aus Melissa Alberts „Hazel Wood“, deren Mutter durch ein paar Märchengestalten entführt zu sein scheint. Generell scheint schon ihr Leben lang „etwas“ hinten ihnen her zu sein. Immerhin ist Alice‘ Großmutter Althea Prosperine, die berühmte Märchenerzählerin, die vom Hinterland und deren Wesen erzählt. Doch gesehen hat sie sie noch nie, da ihre Mutter Ella den Kontakt schlagartig abgebrochen hat. Doch plötzlich bekommen sie die Nachricht über ihr Ableben und von da an passieren seltsame Dinge.

„Hazel Wood“ ist der Auftakt einer neuen Reihe und war schon seit der Vorschau vielversprechend. Es gibt mittlerweile so viele Jugendbücher, dass ein etwas anderartiges Setting schon Interesse weckt und irgendwie wirkt das Buch auch wie eine Mischung aus Cornelia Funkes Tintenherz und auch ihr Reckless. Auch die erste Hälfte des Buches unterstützt diese Annahme und macht Lust auf mehr. Alice ist zwar ein rundum sehr blasser Charakter zu dem man nur schwer eine Bindung aufbauen kann, jedoch ist ihre Geschichte und ihr Kennenlernen mit dem mysteriösen und irgendwie doch sympathischen Finch spannend genug. Die zweite Hälfte des Buches kann leider nicht mehr mit dem spannenden Anfang mithalten.

Sobald Alice mehr über das Hinterland erfährt und mit Finch die Grenzen durchbricht, ist die Luft raus aus dem Buch. Es wird wirr, unverständlich und langatmig, obwohl die beiden Figuren endlich am „Ziel“ angelangt sind. Nach der letzten Seite blieb viel Unverständnis zurück und viele offene Fragen, die aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht in der Fortsetzung beantwortet werden.

Insgesamt fehlt vielen Figuren einfach die Tiefe – aus der Stiefschwester Audrey, auch aus Finch und Ella hätte man weitaus mehr machen können. Leider kann auch die Geschichte keine Fahrt aufnehmen und das Potential wird nicht ausgeschöpft. Außerdem wären mehr Geschichten und Einblicke in das Buch von Alice Großmutter toll gewesen. Die Thematik bleibt viel zu unberührt und „offen“, dabei fehlte mir hier die Vorstellungskraft und hätte in einigen Punkten mehr Unterstützung gebraucht.

So bleibt „Hazel Wood“ ein solider, wenn auch verwirrender Auftakt einer Jugendbuchreihe, die aber wohl nicht mit den großen Reihen mithalten kann.

[Rezension] Michael Nast – #Egoland

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Generation Beziehungsunfähig und Ist das Liebe oder kann das weg? – daher sollte man Michael Nast kennen, neuerdings auch durch #Egoland. Während die ersten beiden Werke sich noch um Kolumnen über Beziehungen, Zwischenmenschliches und dem Leben zwischen dem Web 2.0 drehten, ist #Egoland Nasts erster Roman und hoffentlich auch sein Letzter.

Wir befinden uns in einem wüsten Mix aus vier Lebensgeschichten mit gelegentlichen Einschüben des Autors, wie er in die Hände des Manuskriptes seines Freundes und Rivalen Andreas Landwehr kam. Denn eigentlich ist das sein Buch, wenn nicht gar sein Leben. Doch Andreas ist tot, hat sich das Leben genommen und der fiktive Nast möchte das Buch zu Ende führen und erzählt Andreas‘ Geschichte, gepaart mit eigenen Einfällen und Verstrickungen.

Andreas, gefangen in seinem scheinbildlichen, perfekten und doch anstrengenden Leben als Autor, ist unglücklich, obwohl er eigentlich mehr als genug davon hat, worum ihn die facebook/instragram-Welt beneidet. Nast schildert den Weg zum Selbstmord, wie Andreas Leben erfindet, zerstört, Zwischenmenschliches ausnutzt und Beziehungen neu verbindet. Im Mittelpunkt verschiedene Charaktere, die sich um den bald toten Autor scharren und alle ihre eigenen Probleme haben. Verwirrend, verschachtelt und pseudointellektuell tuckert das Buch so vor sich hin – sympathisch wird einem keiner der Charaktere.

Und irgendwo zwischen dem Leben von Christoph und Leonie und ein paar Szenediscotheken findet sowas wie Gesellschaftskritik statt. Wir sind nur noch an den Handys. Stimmt doch, oder nicht? Wir werden immer forscher durch das Internet und vergessen die Etikette. Stimmt doch, oder? Irgendwie schon und in seinen Kolumnen konnte ich das Nast auch immer gut abkaufen. Generation Beziehungsunfähig war – nach meiner Trennung von meinem Exfreund – wahrlich eine unterhaltsame Lektüre. Doch als Roman und in übertrieben langer Form ist Nasts Anschauung nur schwerlich zu verdauen.

Und so sieht man leider an #Egoland, dass Nast ein guter Kolumnist ist, aber an seinem Erzählen über mehr als 10 Seiten hinweg, noch arbeiten sollte oder sich weiterhin seinen kurzen Themen widmen sollte.